Aufenthalt in Nepal / 5 Tage in Neu Delhi Indien Januar – Mai 2013

Dies ist ein etwas anderer Bericht über meinen Aufenthalt in Nepal und Indien. Er soll einen Einblick in das Leben in Kathmandu geben und aufzeigen, welchen Schwierigkeiten die Kinder ausgesetzt sind.  Das Vorankommen und Schicksal unserer betreuten Kinder werde ich in einem Resümee zusammenstellen – die Einzelheiten sind den Paten ja bereits bekannt. Sollten Sie Kurzbiografien von den Kindern wünschen, kann ich sie Ihnen gerne zusenden. Sie sind auch auf der Website zu finden, wie auch die Berichte über die Janaki Schule in Bahardawa und das Maitri Griha Heim Kinderheim.

Ich wusste, dass ich einen längeren Aufenthalt planen musste, um viele „Baustellen“ zu lösen. Ich habe alle Kinder öfters gesehen, auch ihre Familien und die Probleme wurden besprochen. Viele haben sich gelöst, viele werden bleiben.

Meine Themen:
I   Alltag und Gastfreundschaft
II  Umwelt / Politik/ Planungen    
III  Medien / Schlagzeilen
IV Politik / Nepali als Gastarbeiter
V  Frauen / Gesellschaft
VI Moderne Sklaverei / Kasten

Vier Wochen extremer Kälte erwarteten mich, oft minus 10 Grad und ohne Heizung! Ich fühlte mit den Nepali, Augen-, Nasen verstopften, tränten. Dazu kam der Staub der aufgerissenen Strassen, die verbreitert werden sollten. Hunderte Häuser wurden abgerissen – aller Schutt lag wochenlang rum, wehte durch die Strassen, in die Fensterritzen, in die Gesichter. Selbst die geduldigen Nepali waren wütend und gestresst.

Mein Alltag - GASTFREUNDSCHAFT
wird in Nepal groß geschrieben! Ich bin seit Jahren voll in meine Gastfamilie (Kiran und Arun) integriert und als Älteste geschätzt – als erste bekam ich das Essen, noch vor der Mutter meines Freundes (sie ist 5 Jahre jünger) – das Alter wird hoch gerachtet. Kommt Besuch und die Frau ist jünger als Kiran, dann hilft sie mit beim Kochen. Wenn sie älter ist, dann sitzt sie nur da. Ich darf gar nicht mithelfen, habe nicht herausgefunden, ob dies das Alter ist oder weil sie Brahmanen sind und ich eine „Unreine“. Ich hatte ein eigenes Zimmer, doch oft stand jemand vor meinem Bett, da die Zimmer nicht abgeschossen wurden und anklopfen kennt man nicht! Es stört mich jedoch nicht mehr!

Um 5 h morgens steht die Familie auf, die Großmutter und Arun gehen aufs Dach des Hauses zu ihrem kleinen Haustempel um zu beten. Hindus machen die Götter durch klingeln auf sich aufmerksam – von allen Dächern höre ich es. Die Häuser haben alle ein Flachdach mit Wassertank, Sonnenkollektoren, wer es sich leisten kann – ich sehe viele! Ein paar Stufen führen nach unten zur großen Terrasse mit anschließen-der Küche, in der auch gegessen wird. Das Geschirr wird draußen am Boden gespült, wenn es Wasser gab, von einer Putzhilfe und Waschfrau, die fast täglich ins Haus kommt. Sie wird entlohnt und erhält Essen. Vor der Küche zieht man andere Sanda- len an. Wenn ich heimkomme, ziehe ich unten an der Treppe andere Sandalen an, wenn ich in ein Zimmer eintrete – entweder barfuß oder wieder andere Sandalen. Im ganzen Haus (4 Stockwerke) stolpere ich über die vielen Sandalen, zumal wir stundenlang täglich keinen Strom hatten.

Arun, den ich seit über 30 Jahren kenne, und ich gehen um halb sechs, 5 x i.W. zum Yoga oder Tanzen - Nepal. Tänze sind kompliziert und ich mache die vielen Figuren und Handbewegungen nach, so gut es geht. Oder ich QiGonge auf dem Dach, ½ 7 gibt es Papaya und Tee, der von Danrace, einem jungen Helfer, zubereitet wird. Er kommt aus Humla und ist Vollwaise. Er hat hier eine Familie gefunden, die für ihn sorgt, und die ihn in einer privaten Schule eingeschrieben hat. (siehe Abschnitt Sklaverei) Damrace muss gehorchen und immer bereitstehen. Er bereitet das Essen vor, Kiran kocht es dann zu Ende - um ½ 10 – ½ 11 wird das Mittagessen eingenommen. Den ganzen Tag über wird Tee getrunken; abends wird erst gegessen, wenn Arun nach Hause kommt. Die Familie wartet immer auf ihn.

Die beiden Töchter leben mit ihren Familien seit ein paar Jahren in Australien, der Sohn studiert noch. Sie haben alle eine gute Ausbildung in Nepal und Indien erhalten und haben gut bezahlte Jobs. Die Familie schätze ich heute als guten Mittelstand ein, von Arun, der aus einer armen Familie stammt, alles selbst erwirtschaftet – eine Erfolgsstory!

II  UMWELT  POLITIK / PLANUNGEN
Viel Neues entsteht in Kathmandu und ausserhalb – Strassen werden gebaut und riesige Supermärkte und Malls entstehen. Im Civic Trade Center am Chinesischen Tor ist eines mit 500 Läden entstanden. Mein Freund Bikash eröffnete hier sein drittes Optikergeschäft. Er hätte sich die Miete allerdings nicht leisten können, doch sein bester Freund hatte den Laden gekauft und dann erhielt er plötzlich ein Visum für  Kanada. Das ist für viele Nepali die Erfüllung eines Traums  – und er überließ den Laden seinem Freund Bikash! Das Angebot ist groß, doch das Geld ist knapp – die 300-500 Läden in einem Markt sind oft leer. In diesen Malls, am Durbar Square in vielen Stadtteilen gibt es neue Cafés – Espresso für 90 cents – italienische Kaffeemaschinen und Kaffee aus dem Himalaya – eine wunderbare Abwechslung für mich! Ich bin erstaunt, wie viele Nepalesen sich das leisten können! Diese jungen Leute sitzen am Tisch mit ihren Iphones – oft sehr teure (€400-600, die billigsten sind für 100 zu bekommen!), spielen damit und reden kaum mehr miteinander. 

Im Winter erscheint mir die Armut noch sichtbarer als an warmen Tagen. Kalte Nächte und wenig anzuziehen lassen die Menschen grauer und alt aussehen. Daneben gibt es Modeschauen; große Karossen und unzählige, auch sehr teure Motorräder. Luxus pur neben größter Armut.  

Geplant sind in den nächsten Jahren Strassen, die den Süden des Landes, das Terai besser anbinden werden. Auch eine Schnellstrasse mit 3 Tunnels von Kathmandu nach Hetauda, einem großes Industriegebiet; weiterhin auch eine Straße, die neben dem Araniko Highway in West-Ost-Richtung im Süden verlaufen soll, Strassen, die Süd-Nord verbinden und viele Eisenbahnstrecken von Indien nach Nepal, Ausbau der bestehenden Flughäfen sind geplant. Riesen-projekte in Milliardenhöhe – auf dem Papier geplant für die nächsten 20 Jahre!

Kathmandu war ein  Paradies für viele Nepali – hier ein Haus zu bauen im besten Klima. Doch heute kann ich nicht mehr ohne Gesichtsmaske laufen, so staubig und umweltverschmutzt sind Stadt und Land. Die vielen LKW’s voll beladen, schwarze Diesel-Wolken ausstoßend sind einer der Gründe, doch nicht allein. Die Nepali bekommen kein gutes Benzin aus Indien, sie nehmen es hin; sie wollen nicht wissen, ob die vielen Ziegelbrennereien  Kohle ohne Sulfur benützen, ob ihr Müll frei von Schadstoffen ist bevor er verbrannt wird, etc.  Die Regierung stellt keine Regeln auf; es gibt keine Gesetze, niemand wird verurteilt oder bestraft.

Das private Banken- und Telefonsystem ist weit fortgeschritten und wird als größter Zuwachs gewertet: Umfragen haben jedoch  ergeben, dass die sich Nepali zuerst ein smartphone, dann ein Motorrad und dann eine hygienische Toilette im Haus wünschen! Wie das Geld verdienen??  Frauen werden geschult – Internet- und mobile banking wird schon heute vielfach benützt, der private Sektor soll noch ausgebaut werden, smartphones, z.T. auch sehr teure sind im täglichen Gebrauch – es werden jedoch aus Kostengründen meist SMS versandt. Meine mitgebrachten alten handys und Brillen fanden auf dem Land jedoch noch reißenden Absatz – es gibt noch Millionen Menschen, die sie sich nicht leisten können. Die Nepali, die vor ein paar Jahren noch im Laden nebenan das Telefon benutzten, haben jetzt fast nur noch mobile Telefone – sie haben mindestens eine technische Generation übersprungen.  Die junge Generation übt hier einen sehr großen Druck auf Eltern und Großeltern aus – keiner kann warten!

III MEDIEN / SCHLAGZEILEN
Über die beiden letzten Jahrzehnte haben die Medien eine angstfreie Pressekultur geschaffen. (siehe auch „Schlagzeilen“). Die Menschen werden gut über das Tun ihrer Politiker informiert und die Medien spielen dabei die Rolle des Wachhundes! Es ist erstaunlich, wie offen die Fehler der Politiker in den Medien erörtert werden.
Empfehlungen wurden ausgearbeitet die Landwirtschaft in die Zukunft zu führen:  

  • Kleinkredite ausgeben
  • Verträge für viele Jahre abschließen
  • Das Recht für Großgrundbesitzer Land zu übernehmen zu beschneiden
  • Kleinbauern vor Wucherzinsen zu schützen
  • Staatl. Unterstützung der chemischen Produkte abschaffen
  • Versicherungen gegen Ernteausfall - dies sind nur einige Punkte.
  • USA gibt erneut finanzielle Hilfe für die Polizei, Unterkünfte, Cafeteria, Ausbildung. Schon in den vergangen Jahrzehnten haben die USA die Polizei unterstützt und eine professionelle Truppe ausgebildet.
  • Die nepal. Regierung will keinen Vertreter zur Menschenrechtskonferenz in Genf entsenden. Sie befürchten große Unannehmlichkeiten, da mehr als 30000 Fälle über schwerwiegende Vergehen bekannt sind.
  • Journalisten leben gefährlich in Nepal – sie werden geschlagen, verbannt, vor einigen Jahren wurde einer lebendig begraben – alle aus einem Grund, weil sie die Wahrheit sagen wollen. Sie kämpfen für ihren Stand, sind mutig. Doch eine freie Presse zu installieren ist sehr schwierig, da alle Parteien korrupt sind und viel zu verbergen haben. Trotzdem bin ich erstaunt, wie frei Journalisten in der Kathmandu Post schreiben.
  • Es ist immer noch nicht sicher, ob die Madhesis (Volksgruppen im Terai) wählen dürfen und ihre Vertreter aufgestellt werden. Das gleiche trifft für viele Gruppen in den Bergen zu. Es geht hier um die citizenship certificates (ein Personalausweis), den viele Nepali nicht besitzen und auch nur schwer erhalten. Es ist das fundamentale politische Recht jedes Einzelnen! Die großen Volksgruppen sind nach dem Bürger-krieg sehr stark geworden sind und fordern ihre Rechte ein. 
  • Botschaften werden in Bahrain und Oman eröffnet. 40000 Nepalesen arbeiten in Bahrain und 30000 im Oman. Weitere Konsulate sollen in Saudi Arabien + China folgen.
  • Um eine Strasse verbreitern zu können, soll eine Schule abgerissen werden, da das Hotel Malla sich weigert, das Land für die Verbreiterung abzugeben. Studenten demonstrieren schon seit Tagen. Die Schule und das Malle Hotel sind auf zwei nebeneinander liegenden Grundstücken gebaut. Ähnliche Demos sind in allen Stadtteilen an der Tagesordnung. 
  • Die Menschen sind von den Maoisten sehr enttäuscht – nennen sich „links“, doch ihre Politik liegt rechts. Die Politiker sorgen nur für sich selbst – ungesetzliche Landenteignungen, Einnahmen und Korruption im großen Stil – wie in allen anderen Parteien auch.
  • Der Bagmati Fluss soll endlich nach vielen Anläufen gereinigt erden, geplant ist die Strecke von Sundarijal bis Shankhamul, 21 km lang. Polizei, Regierung und Freiwillige werden eingesetzt. Eine Klär- und Drainage Anlage ist immer noch nicht geplant, die einzige Möglichkeit ist die Bevölkerung und Industrie aufzuklären, keinen Müll in den Heiligen Fluss zu werfen! Strafen sind angesagt.
  • 16 neue TATA-Busse aus Indien werden auf zwei Routen in Nepal eingesetzt. Ein Versuch?! Die meisten Autos kommen von japanischen und koreanischen Firmen, die alle in Indien bauen lassen, ausser Toyota, die in Japan bauen.

IV POLITIK / NEPALI als GASTARBEITER
2,5 Millionen arbeiten im Ausland. Oft wird in den Zeitungen bemängelt, dass Nepal von ausländischer Hilfe lebt. Doch, so drückte sich ein Regierungsvertreter aus,  „ob wir es mögen oder nicht, Nepal hat die Entscheidung getroffen, mit ausländischer Hilfe zu funktionieren“. 15000 NGO’s arbeiten in Nepal. Alle Seiten, die gebende wie die nehmende, sind jedoch oft sehr enttäuscht, dass alle Bemühungen wenig Änderungen bringen. Viele NGO’s arbeiten mit dem Geld von Ausländern, werden reich und tun zu wenig für die Menschen.

Viel wird geschrieben, dass die jungen Menschen, die ins Ausland gegangen sind – entweder um zu arbeiten oder zu studieren – wieder nach Nepal zurück kommen sollen, um ihr Wissen dem Lande zugute kommen zu lassen. Doch die Einstiegs-chancen in einen guten Job sind gleich Null. Vetternwirtschaft und Beziehungen beherrschen den Arbeitsmarkt, soweit dieser überhaupt vorhanden.

Die Zeitungen sind voller guter Ideen und Vorschläge, wie Verbesserungen gemacht werden können – doch nichts scheint sich zu realisieren. Die Maoistische Regierung ist mit sich selbst beschäftigt. Fast jede Woche wurde gestreikt! Die Strasse sind leer, wir gehen spazieren und die Kinder spielen Fußball!! Es ist jedoch kein Streik, der zu etwas führt – es ist die Angst der Maoisten, die nächsten Wahlen zu verlieren und so verzögern sie ein Weiterkommen mit vielen Tricks, wie alle Parteien es immer taten -  Verzögerung der notwenigen Gesetzesänderung! Die Menschen sind sehr enttäuscht, denn viele erhofften sich eine bessere Zeit und mehr Gerechtigkeit. Leidtragende sind neben der Wirtschaft vor allem die Tagelöhner, Schulen und Colleges, Kranke in den Krankenhäusern.

Nepals Regierungen waren schon immer schwach und sie sind es auch heute. Einfach ist es nicht, da das Land zwischen den Großmächten Indien und China zerrieben wird. Doch das größte Übel ist m.M. die Korruption und die fehlende Rechtstaatlichkeit. Auch die Tibetfrage wird von den Chinesen immer wieder Aufgeworfen. Es gibt ca. 100 Klöster allein Boudha, doch die Tibeter haben keine Rechte im Land.  

Am meisten bedrückt alle der politische Stillstand. Dieser wirkt sich vor allem auf die arme Bevölkerung aus und es ist keine Verbesserung in Sicht – nur Unterdrückung und Ausbeutung. Viele verlassen das Land, um in anderen Ländern Asiens und Arabiens Geld zu verdienen. Bei den ausbeuterischen  Verträgen und menschen-unwürdigen Arbeitsverhältnissen verdienen nicht nur Manpower-Agenten, die Schlep-perorganisationen sondern auch nepalesische Regierungsvertreter; am wenigstens die Arbeiter selbst. Vielfach werden sie wie Sklaven, rechtlos, gehalten, die Pässe abgenommen, Heimreisen verweigert, zugesagter Verdienst willkürlich gekürzt oder überhaupt nicht ausbezahlt. Und dies nicht nur in Qatar!

Skandale: Kliniken stellten falsche Atteste für auswanderungswillige Menschen aus, die weder schreiben noch lesen können – ein preiswertes Attest, das sich die Menschen leisten konnten. Sie wurden dann vom Ausland zurückgeschickt und haben  alles verloren: Flugkosten, Vermittlungsgebühr, die „Schande“ ins Dorf, in die Familie ohne Geld zurück zu müssen, und die Hoffnung auf ein besseres Leben. Nun müssen sie ihre Schulden abbezahlen.

200 Pässe mit einem Visum für Saudi Arabien sind auf dem Weg von Bangladesh nach Kathmandu verschwunden. Korruption pur. Der „Bote“, der sie überbringen sollte, musste nicht ins Gefängnis. Pässe werden gewinnbringend verkauft, da es schwierig ist, einen Pass zu erhalten.

V MODERNE ?! SKLAVEREI / KASTEN
Auch in Nepal gibt es seit jeher diese menschenverachtende Politik. Ganze Familien (Kamayas – s.Literatur) stehen bei Großgrundbesitzern in Lohn und Arbeit, wobei sie  in Abhängigkeit gehalten werden, da der Lohn auf Nahrungsmittel, schäbige Unter-künfte etc. angerechnet werden. Sie können diesem Kreis nicht entfliehen, bleiben  so über Generationen abhängig. Die „Schulden“ werden von Generation zu Genera-tion weiter „vererbt“. Demonstrationen, eine Landreformation, Zusagen der Regierung versanden.

Die „Zwangsarbeit von jungen Mädchen und Jungen in den Haushalten der reicheren Familien wird weiterhin akzeptiert. Auch arme Familien haben einen noch Ärmeren als Haushaltshilfe. Sie werden von ihren Familien (darunter viele Tarus, eine der niedrigsten Kasten) verkauft, müssen dann den ganzen Tag für die Familie arbeiten und erhalten keinen oder einen sehr kleinen Lohn. Wenn sie auf eine gute Familie treffen – das erlebe ich schon seit Jahren bei meiner Gastfamilie - werden sie in die Schule geschickt und haben durch die Ausbildung eine Chance evtl. ihre Zukunft selbst zu gestalten. Doch in vielen Haushalten werden sie wie SklavInnen gehalten. Wenn es ihnen auch gut geht, so ist das Leben in einer fremden Familie, die nur an ihrer Arbeit interessiert ist, sehr hart für ein Kind. Sie haben kaum Kontakte und selten Freunde. Sie nehmen ihre Mahlzeiten nicht mit der Familie ein, sondern getrennt auf einem niedrigen Stuhl und bekommen das, was übrig blieb. Seit ein  paar Jahren sind diese Abmachungen ungesetzlich. Die Gesetze werden jedoch unterlaufen. Da die Mädchen seit ein paar Jahren von NGO’s mehr geschützt werden, werden nun auch die Jungs an Familien verkauft. Es ist ein beidseitiges ungleiches Geschäft – die Leidtragenden sind die Kinder.

Immer wieder liest man über armen Familien, die eines oder mehrere ihrer zahl-reichen kleinen Kinder verkaufen – als Haushalts- oder Handwerkshilfen und leider oft auch in die Prostitution. Es ist ein Tabuthema in Nepal. Täglich wird darüber in den Medien berichtet.  Das Kastenwesen ist m.E. nur in höheren Kasten gelockert worden. Niedrige Kasten oder die „Unberührbaren“ spüren Ablehnung und Unrecht. Ein Beispiel: Mehreren Dalit-Familien z.B. (Kaste der Unberührbaren) wurde der Zu-gang zum einzigen öffentlichem Brunnen in ihrem Dorf Baltadi verwehrt. Sie sind in einen Hungerstreik vor der dortigen Verwaltung getreten. Die anderen Dorfbewohner bedrohen sie, wenn sie den Brunnen benützen wollen, obwohl dies ihr Recht ist. Die Dalits sollen eine Eingabe machen, um zu ihrem Recht zu bekommen. Die Antwort kann Jahre dauern. Wie sie jetzt an ihr Wasser kommen, wurde nicht geklärt.

FRAUEN und GESELLSCHAFT

Die Frauenfrage ist ein beherrschendes Thema in den Medien – jeden Tag wird über Vergewaltigungen berichtet – oft Bandenvergewaltigungen, wie sie uns aus Indien bekannt sind. Frauen sind immer noch nicht gleichberechtigt, da sie z.B. bei den Hindus nicht die Totenrituale für den Vater durchführen können. Selbst bei sehr gebildeten Menschen ist das kein Thema – einen Sohn zu haben ist das wichtigste!

Das Gesetz, dass auch eine Tochter die Rituale halten kann, wurde vor Jahren erlassen und ist in der Schublade verschwunden, wie so viele andere. Allein lebende Frauen, werden von der Gesellschaft vor allem auf dem Land ausgegrenzt. Frauen, alt und jung, Kleinkinder sind physischen und seelischen Grausamkeiten ausgesetzt, sie werden vom Vater, Freund, Banden, Nachbarn vergewaltigt. Wenige werden verurteilt, oft ist auch die Polizei involviert. Sie werden von den Männern, Schwiegermüttern geschlagen, aus Habgier angezündet, damit sie sterben und die Familie nochmals eine Mitgift durch eine weitere Heirat bekommen kann. Die Heirat ist immer noch das höchste, das man erreichen kann.

Die Hindu-Priester predigen dies. Frauen werden auch im Namen der Religion für alles verantwortlich gemacht, das schief läuft: Tod des Ehemannes, das eigene Karma. Oft werden sie verlassen und die bleiben mit den Kindern zurück. Sie sind im Haus der Schwiegereltern die Sklavinnen, welchen alles zugemutet werden kann. Sie gehen nach der Hochzeit in das Haus des Mannes und können selten ins Elternhaus zurück; die Eltern sind auch oft froh, für eine weniger sorgen zu müssen - sie mussten ja für die Mitgift aufkommen. Die oft hohe Mitgift ist auch ein Grund, warum Mädchen nicht gewollt sind. 

Chhaupadi, Frauen während ihres Zyklus werden in Zelten außerhalb des Dorfes untergebracht. Sie dürfen keinen Tempel, keine Küche, keinen Raum betreten. Dieser Unbrauch besteht noch in vielen ländlichen Distrikten, auch unter gebildeten Menschen. Wenn die Frauen dies nicht befolgen, machen Medizinmänner, auch Lehrer sie für vieles im Dorf verantwortlich. Obwohl es viele Kampagnen von Frauen gibt, brauchen diese Hilfe und Aufklärung für die Lehrer und Ärzte!

Skandale und Geschichten wohin ich auch gekommen bin – es gibt sie auch in den Familien  unserer Student/innen/en. Sehr streng verläuft es noch in Hindu- und Newar-Familien und nicht nur in den ungebildeten. Nepal ist ein sehr konservatives Land, die Menschen sind nicht aufgeklärt. Wir bestaunen die vielen schönen Rituale, die jedoch auch oft für den Einzelnen schwierig und menschenverachtend sein können.

Das Jahr 2013 war für viele Menschen in Nepal nicht einfach, auch für mich nicht. Die Welt tobt weiter im inneren und äusseren. Es ist so schwierig geworden richtig zu helfen. Ich habe Ihnen ein düsteres Bild gezeigt. Ich bin wie viele einfach wütend, da sich nichts ändert, das dem Land helfen würde.

Doch die Begegnung mit unseren Kindern, ihre Träume, ihr Fleiß, ihr Strahlen hat mich für vieles entschädigt. Wir wanderten zusammen, sie erzählten von ihren Dörfern, ihren Familien – wir lachten und weinten!! Wir fuhren in Neu Delhi zu fünft in den Tuktuks. Da stellt sich dann raus, dass einer schon seit langem verheiratet ist (gegen seinen Willen!), Kinder hat; eine ist verlobt (die Mutter hat den Mann ausgesucht), ein anderer muss 5 Jahre warten bis er seine Freundin heiraten darf und doch – viele sind sie verliebt und so fröhlich - trotz der vielen Schwierigkeiten!! Alle sind glücklich, dass sie studieren dürfen und fast alle zeigen gute Ergebnisse. 

Natürlich habe ich auch ganz fortschrittliche Menschen gefunden; Menschen die etwas verändern wollen und doch oft in ihren engen Banden hängen bleiben. Es gibt Hoffnung. Die Kinder „unserer“ Kinder werden Lösungen und Aufklärung suchen und finden. Sie werden von Eltern erzogen, die eine Ausbildung haben, andere Gedanken und „über den Tellerrand“ sehen können. Sie werden etwas tun für ihr Land, für die schöne Natur, die Berge, die Pflanzen, die grünen Terrassen, Flüsse weit und wild – all das habe ich auch noch vorgefunden! Oder der Architekt Puri in Bhaktapur, der seine Stadt durch Renovierung verschönert und alte Substanz erhält. Sie ist für mich noch immer die schönste der drei Königstädte.

Dort noch vor dem ersten Lichtstrahl gehen die Frauen, Blumenschalen und Opfergaben in den Händen, von Tempel zu Tempel um sich ihren Segen zu holen. Ich wandere mit ihnen - ein kleines Teefrühstück mit den Landarbeitern auf dem Weg, auf dem Fahrrad kommt der Zeitungsausträger vorbei!

Oder auch früh morgens in den Weiten des Terai über abgemähte Felder zu laufen und den Kranichen zuzusehen. Oder mit einem Freund den Berg hinaufsteigen, um von oben die Welt anzusehen – Gebetsfahnen tragen meine Wünsche weiter…

Ich danke für jede Unterstützung, persönlich, finanziell, ideell und
grüße Sie Alle und Euch
mit einem herzlichen NAMASTE

Gez. Gisela Stäbler

 
P.S.
Meine Informationen beziehe ich aus der „Kathmandu Post“, aus Gesprächen in privaten Kreisen und den Rotary Mitgliedern. Meine Eindrücke sind ganz persönlich – sie erheben keinen Anspruch auf Allgemeingültigkeit.

Literatur:
* Kamaiya; Slavery&Freedom in Nepal; Peter Lowe, Mandala Book Point, Kathmandu
* Sklavenkind – Urmila Chaudhary – Knaur Verlag
* Child Labour in Mechanical Sector in Nepal. Concern Nepal, Plan Nepal
* Information Politik: * www.nepalnews.com, BBC London, BBC Hong Kong 
* www.freunde-nepals.de  * www.tibet-nepal-hilfe